Verbarrikadierter Siegfriedbrunnen am Rüdesheimer Platz: Niemand darf den Wein vom Ausschank oben mit nach unten an den Brunnen nehmen Foto: Ralf Lutter

Der Rüdesheimer Platz in Wilmersdorf ist dafür bekannt, dass dort im Sommer die Winzer aus Rüdesheim und Umgebung ihren Wein ausschenken.

Oben am Siegfriedbrunnen sitzt man dann wie in einem Biergarten und bringt sich Brot und Käse selber mit. Das Publikum ist gepflegt und etwas älter, niemand verursacht Lärm. Man hört nur leises Klappern der Gläser und menschliches Gemurmel.

Und dennoch hat es ein einzelner Anwohner geschafft, sich über diese Oase zu beschweren. Darüber haben wir mehrfach berichtet. Gerichtlich wurde bereits verfügt, dass nach 21:30 kein Wein mehr ausgeschenkt werden darf, um 22 Uhr müssen die Gäste gehen.

Zwei Jahre lang wurde der Ausschank dann wegen der Corona-Regeln eingestellt. Erst in diesem Jahr kamen die Winzer zurück. Zwischenzeitlich hatte es der Kläger bis zum Bundesverwaltungsgericht geschafft.

Er klagte dagegen, dass sich an Sommerabenden überall auf dem Rüdesheimer Platz Menschen zu einem Picknick niederlassen. Das konnte vom Gericht nicht verboten werden, doch verfügten die hohen Richter, dass die Menschen auf dem Platz keinen Wein vom Weinausschank trinken dürfen. Dieser Wein darf nur unmittelbar am Ausschank getrunken werden und nur von einer begrenzten Zahl von Gästen.

Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf setzte diese Entscheidung so um: Drei von vier Zugängen zum Bereich vor dem Ausschank wurden mit rot-weißen Gittern verbarrikadiert. Dort sitzen die Weinfreunde jetzt eingesperrt wie in einem Hochsicherheitstrakt.

Am vierten Zugang steht ein Wachschützer und achtet darauf, dass niemand mit einem Glas in der Hand den abgesperrten Bereich verlässt.

„Wir haben uns bemüht“, sagte mir der zuständige Stadtrat Oliver Schrouffeneger (Grüne) auf Anfrage, „durch verschiedene Restriktionen wie zum Beispiel die Begrenzung der maximalen Sitzplatzzahl am Ausschankplatz sicherzustellen, dass das Weinfest nicht insgesamt gefährdet wird“.

Deshalb ist auch das Ordnungsamt fast täglich im Einsatz, um zu überprüfen, dass der Wachschutz ordentliche Arbeit leistet, dass also die maximale Zahl der Gäste nicht überschritten wird und niemand seinen Wein mit nach unten auf den Platz trägt.

Der Kläger unterdessen habe schon wieder Akteneinsicht genommen, heißt es im Bezirksamt. Er versuche offenbar, einen Verstoß gegen die neuen Auflagen zu identifizieren, um den Weinausschank erneut anzugreifen.

Dieser Ausschank hat eine lange Tradition. Er veredelt den Platz. Die Klagerei zerstört einen der beliebtesten Treffpunkte dieser Stadt.

Die gute Stimmung wird verdorben, Stück für Stück mit jeder neuen Klage. So kann es nicht weitergehen! Lärmschutz? Ja, aber niemand hat ein Recht auf Totenstille.